Unterhaltsanspruch trotz Versterbens des Unterhaltsverpflichteten?
Bei einer intakten und nicht geschiedenen Ehe erlischt im Falle des Todes des anderen Ehegatten ein Anspruch auf Gewährung von Unterhalt. Der überlebende Ehegatte ist in diesem Fall erbberechtigt.
Was geschieht jedoch, wenn die Ehe vor dem Tod des anderen Ehepartners geschieden wurde? Ein gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht besteht dann nämlich nicht mehr.
Auch wer Unterhalt erhält, denkt in der Regel, dass dieser Anspruch mit dem Versterben des geschiedenen Ehepartners wegfällt. Dies ist jedoch nicht richtig.
Ein Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts endet nur, wenn der Berechtigte erneut heiratet, zuvor ein Verzicht vereinbart wurde oder der Berechtigte selbst verstirbt.
Im Falle des Todes des geschiedenen Ehegatten besteht ein etwaiger nachehelicher Unterhaltsanspruch gegen die Erben fort.
Beispiel:
Ehefrau F und Ehemann M waren verheiratet, und aus der Ehe ist ein gemeinsames Kind hervorgegangen. Zu Lebzeiten lassen sich die Eheleute Scheiden und vereinbaren die Zahlung eines Unterhaltsbetrages durch M an F. Nach der Scheidung heiratet M erneut seine zweite Ehefrau Z.
Einige Jahre später verstirbt M und hinterlässt Z als Alleinerbin.
Nach dem Gesetz kann F nun ihren Unterhaltsanspruch gegen Z geltend machen. Voraussetzung ist hierbei jedoch, dass sie nach wie vor bedürftig ist und ein Unterhaltstatbestand, so etwa wegen Kinderbetreuung, Alters oder Krankheit etc. vorliegt.
Ein schon bestehender Vollstreckungstitel, mithin im obigen Beispiel der abgeschlossene Vergleich, kann dann ohne neues Gerichtsverfahren einfach umgeschrieben und gegen die Erben durchgesetzt werden.
Sind mehrere Erben vorhanden, haften diese im Übrigen als Gesamtschuldner.
Eine Besonderheit ergibt sich jedoch bei der Frage, in welcher Höhe der Unterhalt von den Erben geschuldet wird.
Zum einen spielt eine etwaige Leistungsfähigkeit des Erblasser, welche zu seinen Lebzeiten vorhanden war, keine Rolle mehr. Der Berechtigte kann demnach den vollen, ihm zustehenden Anspruch entsprechend des tatsächlichen Bedarfs, geltend machen.
Der Anspruch ist jedoch der Höhe nach begrenzt auf den fiktiven Pflichtteilsanspruch des geschiedenen Unterhaltsberechtigten zum Zeitpunkt des Erbfalls. Damit haften die Erben nur bis zu einem Betrag, der dem Pflichtteil entspricht, der dem geschiedenen Ehegatten zustehen würde, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf den tatsächlich vorhandenen Nachlass zu begrenzen ist.
Da ein Unterhaltsschuldner in der Regel seine Erben vor derartigen Verpflichtungen schützen will, sollte bereits zu Lebzeiten im Zuge einer anstehenden Trennung bzw. Scheidung eine entsprechende vertragliche Regelung getroffen werden. Infrage kommt etwa ein Pflichtteilsverzicht des unterhaltsberechtigten Ehegatten oder auch die Vereinbarung eines Unterhaltsverzichts gegen Zahlung einer Abfindung.
In jedem Fall sollte anwaltlicher Rat sowohl für eine Vertragsgestaltung als auch bei der Ermittlung eines tatsächlichen Unterhaltsanspruchs eingeholt werden.
von Annette Scharf